Zusammenarbeit mit Testlesenden

von | Nov 1, 2023 | Allgemein

Wenn der erste Entwurf steht, geht es mit der Überarbeitung weiter. Doch irgendwann werden wir betriebsblind für den eigenen Text. Wir haben ihn so häufig gelesen, so viel darüber nachgedacht. Dann wird es Zeit, den Text anderen Leuten zu zeigen und sich Feedback von außen einzuholen. Aber wer eignet sich zum Testlesen und wie kann eine solche Zusammenarbeit aussehen? Was gibt es gerade bei Kinderbüchern und Jugendbüchern zu beachten?

Die richtigen Testleser*innen finden

Wichtig ist vor allem, dass du dir fürs Testlesen Menschen suchst, die dir ihre ehrliche Meinung sagen. Denn Lob zu bekommen tut zwar gut – und ist definitiv auch wichtig –, aber es hilft dir nicht dabei, deine Geschichte zu verbessern. Und genau das ist ja dein Ziel. Überleg also mal, wer das bei dir sein könnte.

Im Idealfall kennst du sogar Kinder oder Jugendliche im Alter deiner Zielgruppe, denen du deine Geschichte zum Testlesen geben kannst (oder denen du sie zur Probe vorliest). Ansonsten sollten es zumindest Leute sein, die sich selbst für Kinder- und Jugendbücher begeistern und im Idealfall auch gelegentlich selbst welche lesen. Denn wenn deine Tante einen Thriller nach dem nächsten verschlingt, ist sie zwar sicherlich sehr buchbegeistert, aber vielleicht trotzdem nicht die richtige Person, um dir Feedback zu deinem Kinderroman ab 8 Jahren zu geben.

Passende Leute kannst du zum Beispiel in deinem Umfeld finden. In der Familie, im Freundeskreis oder vielleicht ist das Kind deiner Kollegin genau im richtigen Alter. Ansonsten kannst du auch online in Schreibforen oder in den sozialen Medien nach Testlesenden suchen. Im Zweifel kannst du sogar über ein professionelles Lektorat oder Textfeedback nachdenken, auch wenn das natürlich mit höheren Kosten verbunden ist.

Wie kann die Zusammenarbeit ablaufen?

Die Zusammenarbeit mit Testlesenden kann ganz unterschiedlich aussehen. Manche schicken einfach nur ihren Text los und warten ab, was zurückkommt und zu welchen Punkten sie Feedback bekommen. Aber du kannst natürlich auch bestimmte Bitten äußern, wie deine Testlesenden vorgehen sollen oder worauf sie besonders achten könnten. Hier mal ein paar Anregungen dafür, was denkbar wäre:

  • Sie lesen den Text einmal komplett durch und schreiben am Ende ein Gesamtfeedback zu allem, was ihnen aufgefallen ist.
  • Sie schreiben Kommentare an den Textrand. So gibt es direkt einen Bezug zu einer konkreten Stelle und es können Sachen angemerkt werden wie „Hier werden zu viele Informationen auf einmal vermittelt“ oder „An der Stelle musste ich laut lachen“.
  • Sie können die Änderungsnachverfolgungsfunktion nutzen und gleich konkrete Änderungsvorschläge im Text machen. Das bietet sich vor allem für Kleinigkeiten an, zum Beispiel für Rechtschreib- oder Grammatikfehler, die so schnell und einfach korrigiert werden. Oder es können neue Formulierungsvorschläge gemacht werden.
  • Du schickst mit deinem Manuskript einen Fragebogen mit. Darin kannst du allgemeine Fragen stellen wie: Wie haben dir die Figuren gefallen? Mochtest du das Setting? Kam die Stimmung gut rüber? Aber es können auch konkretere Fragen sein. Zum Beispiel: Ist es nachvollziehbar, warum Melanie sich mit Ahmet zerstreitet?

Diese verschiedenen Optionen lassen sich natürlich auch gut miteinander kombinieren. Außerdem kannst du den Testlesenden später meist auch noch einzelne Nachfragen stellen, wenn du beim Überarbeiten an einer Stelle unsicher bist.

Am besten bittest du auch darum, sowohl Positives als auch Negatives anzumerken und Kritik möglichst konstruktiv zu äußern. Denn von einer Aussage wie „Hat mir nicht gefallen“ hast du natürlich nur wenig. Besser ist es, wenn du dann erfährst, was genau der Person noch nicht gefallen hat und was du noch ändern könntest.

Außerdem ist es einfach schön, zwischendurch mal ein paar nette Worte zu lesen, damit die Motivation nicht in den Keller sinkt. Denn ganz bestimmt gibt es auch vieles, was den Testlesenden an deiner Geschichte gut gefällt. Vielleicht ist ihnen nur nicht klar, dass sie auch das anmerken können oder sollen.

Wie kann ich mit Kritik umgehen?

Doch egal wie nett und hilfreich Kritik formuliert ist, schmerzt sie doch fast immer im ersten Moment. Gerade wenn es um die eigene Geschichte geht, die einem so viel bedeutet. Ich finde es daher immer hilfreich, die Kritik erst mal sacken zu lassen. Bedank dich für das Feedback und denk in Ruhe darüber nach. Häufig merkt man dann, dass die Kritik gar nicht so schlimm ist, wie man im ersten Moment dachte, sondern einem sogar weiterhilft.

Denn ja, die Geschichte bedeutet dir echt viel und deshalb kann es wehtun, Kritik zu bekommen. Aber gerade weil dir die Geschichte so viel bedeutet, willst du natürlich auch das Beste aus ihr herausholen – und das geht nur, wenn man offen für Kritik und Anregungen ist.

Kritik bedeutet auch nicht automatisch, dass deine Geschichte schlecht ist. Es bedeutet nur, dass noch etwas verbessert werden kann. Und dann ist es umso schöner, wenn du weißt, was es zu verbessern gibt und wie du das Problem angehen könntest!

Lektorin Lisa Bogen vor einem Bücherregal mit Romanen

Hallo!

Ich bin Lisa, arbeite als freie Lektorin und möchte dir mit diesem Blog Tipps rund ums Schreiben vermitteln. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Kinderbüchern und Jugendbüchern.