Eine Geschichte kann aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden. Wir können die ganze Zeit einer Figur folgen oder in die Köpfe verschiedener Charaktere hineinschauen. Je nach gewählter Perspektive kann eine Geschichte ganz unterschiedlich wirken. Deshalb solltest du dir vor dem Schreiben Gedanken darüber machen, welche Perspektive zu deinem Projekt passt bzw. dir besonders gut liegt.
Ich-Erzähler
Bei dieser Perspektive tauchen wir direkt in den Kopf der Perspektivfigur ein. Wir sehen die Welt mit ihren Augen, bekommen ihre Gedanken und Gefühle mit. Der Erzählstil sollte daher an die Ausdrucksweise der Figur angepasst sein. So entsteht besonders viel Nähe zur Hauptfigur. Bei den anderen Figuren wird jedoch nur das äußerlich Sichtbare beschrieben. Was sie denken oder fühlen kann nur erahnt werden.
Beispiel: Ich komme erschöpft vom langen Schultag nach Hause zurück. Meine Schwester ist auch schon da, aber wirft mir nur einen flüchtigen Blick und ein Lächeln zur Begrüßung zu. Dann schaut sie wieder auf ihr Handy. Natürlich. Das ist wie immer wichtiger ist als ich.
Personaler Erzähler
Die Perspektive ähnelt der Ich-Perspektive. Wir können einen Einblick in die Gedanken bekommen, allerdings wird die Figur immer beim Namen genannt, wodurch mehr Distanz entsteht. Wir haben nicht das Gefühl, in der Figur zu stecken, doch der Fokus liegt klar auf einer bestimmten Figur.
Beispiel: Timo kommt erschöpft vom langen Schultag nach Hause zurück. Seine Schwester Maria ist auch schon da, aber wirft ihm nur einen flüchtigen Blick und ein Lächeln zur Begrüßung zu. Dann schaut sie wieder auf ihr Handy. Das scheint ihr wie immer wichtiger zu sein als Timo.
Auktorialer Erzähler
Der allwissende Erzähler hat den Überblick über die gesamte Geschichte. Er kann in die Köpfe aller Figuren hineinschauen und weiß, was sie denken und fühlen. Er weiß, was in der Vergangenheit passiert ist und was in der Zukunft geschehen wird. Mit dieser Perspektive hast du die freie Wahl, wie viele Informationen du wann teilst. Du kannst den Leser*innen Informationen geben, von denen die Figuren noch nichts wissen, oder machst Vorausdeutungen, um die Spannung zu steigern. Oder du hältst umgekehrt bewusst Informationen zurück.
Beispiel: Timo kommt erschöpft vom langen Schultag nach Hause zurück. Seine Schwester Maria schaut schnell vom Handy hoch und wirft ihm ein Lächeln zur Begrüßung zu. Dann blickt sie wieder aufs Handy, weil sie dringend etwas mit ihrer Referatsgruppe klären muss. Je schneller das geschafft ist, desto früher kann sie Zeit mit Timo verbringen. Noch wissen beide nicht, dass es dazu später nicht mehr kommen wird.
Perspektivwechsel
Grundsätzlich solltest du die gewählte Perspektive im gesamten Text beibehalten. Allerdings ist es möglich, zwischen einzelnen Szenen oder Kapiteln die Perspektive zu wechseln. Das bietet sich zum Beispiel an, wenn du die Geschichte aus der Sicht mehrerer Figuren erzählen möchtest.
Doch gerade bei Büchern für eine jüngere Zielgruppe sollte man damit eher vorsichtig umgehen, damit man beim Lesen nicht zu schnell die Orientierung verliert und besser eine Bindung zu einer bestimmten Figur aufbauen kann. Es sollte also nicht zu viele Perspektivfiguren geben und am besten werden die Wechsel immer deutlich markiert, zum Beispiel durch ein neues Kapitel.
Die richtige Perspektive finden
Du bist dir noch unsicher, welche Perspektive die richtige ist? Ob du einen personalen oder auktorialen Erzähler wählen möchtest und welche Figur sich als Perspektivfigur in deinem Kinderbuch oder Jugendbuch eignet? Dann habe ich einen Tipp für dich: Such dir einfach mal eine Szene aus und schreib sie aus verschiedenen Perspektiven. So merkst du, was dir gut liegt und was zur Geschichte passt. Ansonsten kannst du die Ausschnitte auch anderen Personen (vielleicht sogar Kindern oder Jugendlichen im Alter deiner Zielgruppe) zeigen und fragen, was sie am meisten anspricht.